Die Kunst des Erinnerns: Entfessele das Labyrinth der Erinnerung

In meiner Kunstreihe „Memory Falsifikation“ tauche ich in die faszinierende Welt der Erinnerungen ein, ein Bereich, der durch wissenschaftliche Erkenntnisse ebenso geprägt ist wie durch persönliche Erfahrung. Die Wissenschaft bietet uns einzigartige Einblicke in die Funktionsweise unseres Gedächtnisses und inspiriert mich, diese Prozesse künstlerisch zu interpretieren.

Studien aus der Neuropsychologie zeigen, dass unsere Erinnerungsfähigkeit überraschend begrenzt ist. Eine Studie von Ebbinghaus, einem Pionier der Gedächtnisforschung, enthüllte die „Vergessenskurve“, die besagt, dass Menschen im Durchschnitt 40% dessen vergessen, was sie innerhalb von 20 Minuten gelernt haben, und fast 70% nach 24 Stunden verlieren, wenn keine Wiederholung oder aktive Erinnerung stattfindet (Ebbinghaus, 1885). Diese flüchtige Natur unserer Erinnerungen fängt meine Kunst ein, indem sie die Vergänglichkeit und die selektive Klarheit unserer Vergangenheit darstellt.

Weiterhin hat die Forschung aufgezeigt, dass emotionale Ereignisse eine tiefere Spur in unserem Gedächtnis hinterlassen. Eine Studie von McGaugh (2000) verdeutlicht, dass emotionale Erregung die Konsolidierung von Erinnerungen verstärkt, was erklärt, warum bestimmte Momente unseres Lebens unauslöschlich erscheinen. In meinen Werken nutze ich intensive Farben und dynamische Strukturen, um diese emotional geladenen Erinnerungen zu symbolisieren, die in unserem Gedächtnis verankert sind.

Ein weiteres faszinierendes Phänomen ist die „falsche Erinnerung“, die durch Arbeiten wie die von Loftus und Palmer (1974) untersucht wurde. Sie zeigten, wie leicht Erinnerungen durch suggestive Befragung manipuliert werden können, was oft zu verzerrten oder völlig falschen Erinnerungen führt. Diese Fragilität und Manipulierbarkeit unserer Erinnerungen spiegelt sich in der verschwommenen und überlappenden Gestaltung meiner Kunstwerke wider, die die unscharfen Grenzen zwischen Realität und Rekonstruktion darstellen.

Meine Kunst ist eine Reflexion über diese wissenschaftlichen Erkenntnisse, eine visuelle Erkundung, wie unser Gedächtnis arbeitet, wie es uns im Stich lässt und wie es unsere Identität formt. Durch die Kombination von wissenschaftlicher Forschung mit künstlerischer Interpretation lade ich den Betrachter ein, die Komplexität und Schönheit unserer Erinnerungen zu betrachten – und zu akzeptieren, dass unsere Vergangenheit nicht immer ein getreues Abbild der Realität ist, sondern eine Mischung aus Fakten, Gefühlen und der endlosen Kapazität unseres Gehirns zur Neuerfindung.

Quellen:

  • Ebbinghaus, H. (1885). Über das Gedächtnis. Untersuchungen zur experimentellen Psychologie.
  • McGaugh, J.L. (2000). Memory–a century of consolidation. Science, 287(5451), 248-251.
  • Loftus, E.F., & Palmer, J.C. (1974). Reconstruction of automobile destruction: An example of the interaction between language and memory. Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior, 13(5), 585-589.

 

Warum nur Frauen? Die tiefere ebene in ‚Memory Falsifikation‘!

In meiner Bilderserie „Memory Falsifikation“ habe ich eine bewusste Entscheidung getroffen:

Jedes Bild stellt ausschließlich Frauen als Hauptcharaktere dar.

Diese künstlerische Wahl reflektiert nicht nur eine ästhetische Präferenz, sondern ist auch eine Reaktion auf eine spezifische Problematik im Bereich der Künstlichen Intelligenz, wie sie Anfang 2024 existiert. Es wurde festgestellt, dass ChatGPT, bessere Ergebnisse lieferte, wenn man ihr mitteilte, dass sie ein Mann sei. Diese Tendenz basierte auf einem historischen Datensatz, der geschlechtsspezifische Vorurteile widerspiegelte, die in der Bevölkerung und den zugrundeliegenden Technologien verankert waren.

Diese Problematik, die einen in der Vergangenheit liegenden Stand der Technologie aufzeigt, diente mir als Anlass für einen kreativen Widerstand.

Durch die ausschließliche Darstellung von Frauen in „Memory Falsifikation“ möchte ich nicht nur auf die Notwendigkeit der Überwindung geschlechtsspezifischer Bias in KI-Systemen hinweisen, sondern auch die Hoffnung und den Optimismus zum Ausdruck bringen, dass Gleichberechtigung – die bereits in den Köpfen der meisten Menschen verankert ist – letztendlich auch in unsere Systeme und Technologien Einzug halten wird.

Dieser Ansatz ist ein Versuch, die Vergangenheit zu reflektieren und gleichzeitig eine Zukunft zu gestalten, in der die Vielfalt und Gleichheit aller Geschlechter in allen Aspekten unseres Lebens, einschließlich der Technologie, vollständig anerkannt und integriert wird. Mit „Memory Falsifikation“ setze ich ein Zeichen der Hoffnung und des Fortschritts, indem ich die Schönheit, Stärke und Tiefe weiblicher Erzählungen und Perspektiven feiere.

Damit wir uns in ferner Zukunft noch daran erinnern können.

 

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